Was ist eigentlich Autismus?

 

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die sich in der Regel in der frühen Kindheit zeigt.

Autistische Menschen können unterschiedlich stark betroffen sein. Gemeinsam sind Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion und der Kommunikation, eingeschränkte Aktivitäten und Interessen sowie sich wiederholende, ritualisierte Verhaltensweisen.

Aufgrund einer veränderten Verarbeitung im Gehirn gelingt es den Betroffenen nicht, Sinnesreize angemessen zu verarbeiten. Sie haben meist Probleme im Verständnis sozialer Zusammenhänge und empfinden die soziale Umwelt oft als beängstigend und chaotisch.

Autismus-Spektrum-Störungen findet man in Familien aller sozialen Schichten. Ursache ist nach heutigen Erkenntnissen eine genetisch bedingte Störung der Wahrnehmungsverarbeitung, durch die es zu vielfältigen Besonderheiten in der Sprache und im Verhalten, insbesondere im Umgang mit anderen Menschen, kommt.

Autismus führt häufig zu einer Teilhabebeeinträchtigung in den unterschiedlichsten Lebensbereichen.

Wie kann sich Autismus zeigen?

 

Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung  fällt es schwer, Strukturen und Sinnzusammenhänge zu erfassen. Vielfältige Reize und Veränderungen in ihrer Umwelt können sie stark erregen und zu massiven Ängsten und Verunsicherungen führen. „Die Welt zerfällt quasi in ihre Einzelteile.“

Schon bei leichteren Formen des Autismus beeinträchtigen diese Schwierigkeiten das Verhältnis zu anderen Menschen: Menschen mit Autismus haben Schwierigkeiten, sich in Andere hineinzuversetzen, deren Handlungen vorherzusehen oder einzuordnen und sozial angemessen und flexibel zu reagieren. Schwerere Ausprägungen des Autismus zwingen die Betroffenen, sich auf sich selbst zurückzuziehen, führen zu massiver Angst vor allem Ungewohnten und Neuen und lassen kaum Raum für eine Weiterentwicklung.

Autistische Kinder spielen kaum Fantasie- und Rollenspiele und benutzen ihr Spielzeug häufig in immer gleicher, oft zweckentfremdeter Art und Weise. Sie entwickeln Zwänge und Stereotypien: z.B. Drehen und Kreiseln von Rädern, Wedeln mit Fäden oder Papier, ständigem Drücken von Lichtschaltern, Klospülungen.

Kinder mit ASS entwickeln häufig spezifische Sonderinteressen und beschäftigen sich z.B. beim Sonderinteresse „Zug“ mit Fahrplänen und technischen Details. Die Auffälligkeiten sind allerdings in ihrer Zusammensetzung und ihrem Ausprägungsgrad von Kind zu Kind unterschiedlich.

Autistische Menschen bestehen oft zwanghaft auf ganz bestimmte Ordnungen oder autistische Kinder können ihre Eltern zur Verzweiflung bringen durch z.B. exzessives Sammeln bestimmter Gegenstände, durch ihre Weigerung, bestimmte Kleidung zu tragen oder Wiederholung immer derselben Verhaltensweisen.

Manche Menschen mit Autismus reagieren auf Überforderung oder Ängste mit herausfordernden Verhaltensweisen, andere ziehen sich zurück und vermeiden den Kontakt mit ihren Mitmenschen.

Autistische Kinder haben häufig vom Säuglingsalter an Probleme beim Essen und Schlafen und entwickeln manchmal selbststimulierende Verhaltensweisen, die bis zur Selbstverletzung reichen können.

Die intellektuelle Begabung autistischer Kinder ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von geistiger Behinderung bis hin zu normaler Intelligenz, wobei die Kinder manchmal erstaunliche Teilleistungen im Rechnen, in technischen Disziplinen, in der Musik und auf anderen Gebieten zeigen.

Einige Kinder lernen nicht zu sprechen, hier müssen alternative Kommunikationsformen gefunden werden. 

Früherkennung von Autismus

Nachstehend sind Auffälligkeiten bis zum 24. Lebensmonat aufgeführt, die auf eine autistische Störung hinweisen können.
Einzelne Auffälligkeiten können in der regelgerechten Entwicklung bei allen Kindern vorkommen. Sollten mehrere Auffälligkeiten aus verschiedenen Bereichen bei einem Kind vorkommen, könnte dies auf eine Autismus-Spektrum-Störung hinweisen.

Spiel- und Sozialverhalten

1. Lebensjahr

  • Die soziale Aufmerksamkeit ist beeinträchtigt. Das Kind reagiert nicht auf die Bezugspersonen, streckt die Arme nicht entgegen, schreit wenn es auf den Arm genommen wird,
  • Es lächelt oder lacht nicht zurück, schreit länger ohne bestimmten Grund wie z.B. Hunger oder Schmerz. Es zeigt keine Freude an gemeinsamen einfachen Spielen.
  • Andere Kinder verhalten sich extrem ruhig, melden sich wenig und scheinen mit sich selbst zufrieden.
  • Das Kind vermeidet Blickkontakt, es schaut Personen nicht an oder nach, und nimmt von sich aus sich aus keinen Kontakt zu den Bezugspersonen auf oder zieht sich zurück, wenn die Bezugsperson einen Kontaktversuch macht.
  • Das Interesse an Spielzeug ist gering, Spielzeuge werden nicht kreativ untersucht.

2. Lebensjahr

  • Das Kind spielt nicht mit Gleichaltrigen, Geschwistern oder Eltern. Es erkundet seine Umgebung kaum.
  • Es nimmt von sich aus keinen Kontakt zu den Bezugspersonen auf, scheint mit sich selbst zufrieden zu sein.
  • Es zeigt nicht oder eingeschränkt auf Gegenstände oder Personen, spielt keine einfachen Fingerspiele mit und imitiert nicht das Verhalten anderer. Das Kind macht nicht auf Dinge aufmerksam, ist desinteressiert an geteilter Freude und reagiert nicht auf Zeigegesten.
  • Das Kind ist auf sich wiederholende Handlungen fixiert und beschäftigt sich nur flüchtig mit Spielmaterialien.
  • Es zieht sich zurück, wenn die Bezugspersonen Kontakt aufnehmen. Seine Aufmerksamkeit gegenüber der Bezugssperson ist nur flüchtig.
  • Kein "So-tun-als-ob-Spiel", keine Neugierde für neues Spielzeug.
  • Der Blickkontakt ist auffällig: das Kind schaut an Personen vorbei, es schaut Personen nur kurz an oder auch lange und starr. Der Blickkontakt stimmt nicht mit anderen Verhaltensweisen überein, wenn das Kind versucht Aufmerksamkeit von seinen Bezugspersonen zu bekommen.
  • Das Kind lächelt nicht und wirkt oft ernst. Gefühle sind in seinem Gesichtsausruck schwer zu erkennen.
  • Das Kind schreit oder weint lange und lässt sich nur schwer beruhigen. Es möchte nicht getröstet werden bzw. lässt sich nicht durch übliche Formen des Tröstens beruhigen.
  • Das Kind zeigt Ärger bei Veränderung von Routinen.

Motorische Auffälligkeiten

1. Lebensjahr

  • Das Kind macht sich steif beim Hochnehmen oder liegt schlaff im Arm.
  • Es dreht sich weg, wenn eine Person das Kind hält.
  • Es zeigt stereotype Bewegungen wie Schaukeln oder sich Hin- und Herwiegen, sitzt oder krabbelt verspätet.
  • Es imitiert nicht motorisch das Verhalten anderer Personen.
  • Das Kind zeigt eine verzögerte oder ungleichmäßige motorische Entwicklung.

2. Lebensjahr

  • Die motorische Entwicklung ist verzögert, das Kind läuft spät, krabbelt nicht oder verspätet.
  • Das Kind hat einen auffälligen Gang, läuft z.B. auf den Zehenspitzen.
  • Das Kind bewegt stereotyp Gegenstände oder/und Körperteile. Manchmal kann es dabei sehr geschickt sein, z.B. bei Drehbewegungen.
  • Das Kind verdreht Körperteile (Hals, Augen, Finger, Hände). Es wedelt mit den Armen, Händen aber auch mit Gegenständen wie z.B. Tüchern oder Spielsachen.

Auffälligkeiten in der Wahrnehmung

1. Lebensjahr

  • Das Kind lehnt sich nicht an. ist gleichgültig beim Halten / Tragen.
  • Es verfolgt nicht mit den Augen.
  • Es reagiert auf laute Geräusche nicht oder erschrickt oder reagiert überempfindlich auf Alltags-Geräusche.
  • Das Kind hat Schwierigkeiten sich im Raum zu orientieren.
  • Es reagiert übermäßig auf Stimulation.

2. Lebensjahr

  • Das Kind lehnt Körperkontakt ab, oder lässt diesen nur zu wenn es diesen selbst bestimmen kann.
  • Es schaut lange auf bestimmte Muster, bewegt Gegenstände vor dem Gesicht stereotyp hin und her.
  • Es hat eine Vorliebe für spezielle Geräusche, die es auch selbst verursachen kann.
  • Es kratzt oder schabt an Oberflächen oder/und betastet oder klopft auf Gegenstände.
  • Bei Veränderungen in seiner Umgebung fängt das Kind an zu weinen oder protestiert oder reagiert verstört.

Sprache

1. Lebensjahr

  • Das Kind lallt nicht, es bildet keine Silben und imitiert vorgesprochene Laute oder Silben nicht.
  • Es spricht immer wieder gleiche Laute meist ohne Bezug und benutzt keine Mimik oder Gestik.

2. Lebensjahr

  • Das Kind spricht noch nicht oder es hört nach Sprechbeginn wieder auf.
  • Es richtet Lautäußerungen nicht oder selten an seine Bezugspersonen.
  • Es produziert oder/und wiederholt stereotyp Töne oder Laute, wiederholt Worte oder Wortreste ohne erkennbaren Sinn.
  • Das Kind benutzt überwiegend einzelne Worte. Es benutzt Worte nicht für Mitteilungen oder für bestimmte Gegenstände.
  • Das Kind zeigt eine merkwürdige lntonation oder unangemessene Tonhöhe und Betonung.
  • Mimik und Gestik sind deutlich eingeschränkt. Das Kind winkt z.B. nicht zum Abschied.
  • Das Kind reagiert nicht, wenn es mit seinem Namen gerufen wird.

Schlaf-, Ess- und Trinkverhalten

1. Lebensjahr

  • Das Kind hat spezielle Ess-/ Trinkgewohnheiten, es verweigert Speisen, es trinkt oder saugt nicht richtig. Es hat eine Aversion gegen feste Nahrung.

2. Lebensjahr

  • Das Kind schläft schlecht ein, es ist oft nachts über einen längeren Zeitraum wach, es wacht sehr früh auf. Das Kind braucht sehr wenig oder sehr viel Schlaf.
  • Das Kind hat Vorlieben für bestimmte Speisen. Es nimmt keine feste Nahrung zu sich. Es isst auffällig: stopft, schluckt schlecht, kaut nicht, schlingt.

 

 

 

Autismus Trier e.V.

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